Manufaktur

Wilhelm Rieber

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Uhrmachermeister Wilhelm Rieber fertigt einzigartige Kunstwerke in reiner Handarbeit. Sein neuestes Meisterwerk hat er extra zum 250. Jubiläum der Goldstadt Pforzheim entworfen.

Die Rollläden sind halb herunter gelassen, es ist sehr ruhig in der Werkstatt von Wilhelm Rieber. So ruhig, dass man das Ticken der Uhren hören kann. Dutzende Uhren stehen bei dem Handwerker im Regal und auf der Werkbank. Kleine, große, eckige und runde Uhren aus Holz und Metall. Aber nicht alle von ihnen ticken. Sie stehen beim Uhrmachermeister, damit er sie repariert.

Doch Rieber beschäftigt sich nur nebenher mit diesen Arbeiten. Viel spannender ist das, womit er hauptsächlich sein Geld verdient: In seiner Werkstatt in Tiefenbronn bei Pforzheim designed und konstruiert er Taschen- und Armbanduhren. Keine gewöhnlichen Stücke. Rieber baut Tourbillons, die Königsklasse unter den Uhren. In den vergangenen 200 Jahren haben sich nur wenige Uhrmacher an die Fertigung dieser Meisterwerke gewagt. Rieber ist einer von ihnen.

Schon in frühen Jahren entdeckte Rieber seine Leidenschaft für Uhren. Schon sein Opa erkannte seine geschickten Finger, als er noch ein Baby war. Mit acht Jahren reparierte Rieber seine erste Armbanduhr.

Rieber hat sich erstmals in den 1980ern intensiver mit der Mechanik auseinander gesetzt. Damals besuchte er die Meisterschule in Villingen-Schwenningen und war fasziniert von dem ästhetischen Design und der außergewöhnlichen Konstruktion des Tourbillons. Schnell war ihm klar, dass er unbedingt selbst eine solche Uhr entwerfen wollte. Er las sehr viele Bücher und tüftelte vier Jahre an dem komplexen Gebilde, bis die Uhr endlich fertig war.

Seit den 1980ern hat sich einiges in der Uhrmacherbranche verändert. Neue Technik macht die Arbeit einfacher, aber dadurch geht auch viel handwerkliches Knowhow verloren. Viele Uhrenhersteller können mit einer CAD-Maschine ein Tourbillon anfertigen, doch Rieber ist der letzte Pionier, der eine solche Uhr in reiner Handarbeit herstellt.

Was er dafür an Geduld und Fingerspitzengefühl braucht, kann man nur erahnen. Die Teile, die er anfertigt, kann man mit dem bloßen Auge kaum erkennen.

Einige dieser winzigen Puzzleteile hat Rieber auf seiner Werkbank liegen. Neben Metallfeilen und Lupe stehen dort auch ein paar Schachteln. Auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär. Aber dann greift Rieber nach einer Plastikdose. Darin winzige Teile einer Uhr: Zeiger, Spiralen, Schräubchen, Ziffernblatt. Teilweise kleiner als ein Streichholzkopf. Wenn er einmal zu viel feilt oder zu viel Druck gibt, ist die ganze Arbeit umsonst.

Bei einem Auftrag steht für Rieber das Design an erster Stelle. Je nach Kundenwunsch entscheidet er zuerst wie groß die Uhr wird, welches Gehäuse er nimmt und wie das Ziffernblatt aussehen soll. Dann macht er sich an die Arbeit. Das kann einige Monate dauern. Wenn die Uhr schließlich das erste Mal komplett montiert ist, kommt das sogenannte „Schwingfest“. Dabei lädt er den Kunden ein, das Drehgestell das erste Mal in Schwingung zu versetzen.

Rieber ist es wichtig, diese Handwerkskunst für die Nachwelt festzuhalten. Viel Nachwuchs gibt es nicht und vielleicht wird es bald niemanden mehr geben, der diese Kunst beherrscht.