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Rothöll

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Solche eleganten Lederaccessoires – aus Fischleder? Ja! Tatsächlich fertigt Annekatrin Döll ihre Produkte, die sie in Kleinserien in ihrem Atelier in Leipzig-Leutzsch herstellt, aus Leder vom Lachs, Dorsch und Barsch – und zuletzt auch vom Seewolf. Die von ihr genutzten Fischhäute werden mit Hilfe eines traditionellen Gerbverfahrens zu geschmeidigen und haltbaren Ledern verarbeitet.

 

 

So wird, was ursprünglich als ein Abfallprodukt der Fischfangindustrie bestimmt war, durch ihrer Hände Arbeit zu feinsinnigen Taschen und Accessoires. Portemonnaies. Gürtel sowie Hals- und Handschmuck erweitern das Sortiment für Damen und Herren. Derzeit finden sich sechs Farbkollektionen – darunter leuchtendes Safrangelb und Rot genauso wie vornehm zurückhaltendes Graublau und Nachtblau – mit je 12 Modellen im Angebot der 2015 von Döll gegründeten Firma Rothöll.

 

 

Das Fischleder bezieht Annekatrin Döll vor allem von der Insel Island, dem Ort, auf dem die Gründungsidee für Rothöll entstand, als Döll im nördlich gelegenen Dorf Sauðárkrókur ein Jahr als Au-Pair-Mädchen verbrachte und neben dem besonderen Zauber der Insel auch die örtliche Gerberei für sich entdeckte.

 

 

Dort lernte sie Fischleder kennen und lässt sich bis heute von dessen Ästhetik zu immer wieder neuen Kreationen inspirieren: Fischleder hat durch die oft deutlich sichtbaren Schuppentaschen eine besondere Struktur, es riecht nicht, ist leicht und geschmeidig wie Seide und, was man nicht gleich vermutet, aufgrund seiner gekreuzten Faserstruktur auch sehr widerstandsfähig. Belässt die isländische Gerberei die fischeigene Pigmentierung in der Haut, ergibt sich mit dem Einfärben mal ein ruhiges, mal ein aufgeregt schimmerndes Farbspiel. Das smaragdgrüne Leder vom gefleckten Seewolf und das blaugraue Leder vom Dorsch zeigen diesen malerischen Effekt besonders deutlich.

 

 

Über die konkrete Herkunft und Verarbeitung ihres Materials informiert die Designerin auf der Website von Rothöll, auf der die Kollektionen aktuell in eine visuelle Verbindung zur isländischen Pflanzenwelt gesetzt sind. Zur zwischen Natur und Kultur vermittelnden Philosophie der Firma gehört auch die Sicherstellung einer optimalen Balance von Qualität und Kosten. Dies wird durch die hauseigene Entwurfsarbeit und Produktion in Leipzig ermöglicht, wo alle Produkte schrittweise nach Prototypen aus Pappe angefertigt werden. Eine Tasche begreift Döll dabei als eine „künstlerische“, dreidimensionale Form, die sie aus der besonderen Beschaffenheit des vorliegenden Materials heraus entwickelt, auch um diesem mit gebührender Achtsamkeit zu begegnen.

 

 

Dabei verwendet die Designerin als Futterleder nur pflanzlich gegerbtes Rindsleder deutschen Ursprungs und auch die ausgewählten Reißverschlüsse, Beschläge und Garne stammen aus verantwortungsvollen Quellen. Ihre Kundinnen und Kunden profitieren also von einer Langlebigkeit, die vom Material, seiner hochwertigen Verarbeitung und ausgereiften Gestaltung ausgeht.

 

 

Der Firmenname Rothöll spiegelt das besondere kreative Talent der Designerin wider, die ursprünglich Bildende Kunst studiert hat: der Name setzt sich zusammen aus „roð“, dem isländischen Wort für „Fischhaut“ und „Döll“, dem Nachnamen der Designerin, und das kryptisch erscheinende Logo zeichnet den Schriftzug „roð“ in goldenem Material nach, als wäre er wie ein Lavastrom plötzlich erkaltet. So erhält jedes ihrer Produkte mit dem Logo über die formale und materielle Beschaffenheit hinaus eine geheimnisvoll-archaische, eklektische Note.

 

 

Auf Wunsch fertigt Annekatrin Döll auch individuelle Einzelstücke. Zukünftig möchte sie ihre Produktpalette weiter in Richtung Damen-Oberbekleidung entwickeln, wobei die Fischleder dann direkt auf der Haut getragen werden. Die Archaik des Materials trifft dabei auf zeitgemäße Schnitte von Chasuble und Bustier.

 

Credits
Text: Barbara Buchmaier
Produkt Fotos: Felix Adler
Workshop Fotos: Leipzig Tourismus und Marketing GmbH