Das Schreiben auf Pergament ist eine Praxis, die eine Vergangenheit von Mönchen des Mittelalters heraufbeschwört – aber in Jan Beckebredes Werkstatt wird sie auf magische Weise in die Gegenwart zurückgeholt.
Jan Beckebrede befasst sich bereits seit vielen Jahren mit der Handwerkstradition des Pergamentmachers. Er stellt echtes Pergament mit den traditionellen Methoden her, mit denen Ziegen-, Schaf- und Kalbsfelle seit Jahrhunderten behandelt werden. Im August 2015 hat er einen großen Teil der Ausrüstung einer ehemaligen süddeutschen Pergament-Manufaktur übernommen – seitdem kann er Pergament für Buchbinder, Restauratoren und Kalligrafen in der notwendigen hohen Qualität und in größerer Menge produzieren. Durch diese Ausrüstung wird seine Manufaktur der indirekte Nachfolger eines bereits 1688 in Augsburg urkundlich erwähnten Pergamentmachers.
Die Geschichte des Pergaments beginnt bereits in vorchristlicher Zeit, und sie beginnt mit einer Legende. Römische Historiker überliefern, dass das Pergament vom Hof von König Eumenes II. von Pergamon stammt. Eumenes II erhielt keinen Papyrus, dem am weitesten verbreiteten Material zum Schreiben, da sein Konkurrent, der ägyptischen Pharao Ptolemaios VII, eine Monopolstellung für sich beanspruchte. Deshalb beschloss er, eine andere Technik einzuführen: Ziegenhaut sollte so behandelt werden, dass man darauf schreiben konnte.
Das Pergament war eine wichtige Erfindung, denn es hatte viele Vorteile im Vergleich zu Papyrus: Erstens war es haltbarer als Papyrus. Zweitens ermöglichte es die Herstellung der sogenannten Codices – die etwa den heutigen Büchern entsprechen – mit der Möglichkeit, sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite zu schreiben. Schließlich konnte Pergament im Gegensatz zu Papyrus wiederverwendet werden, indem der geschriebene Teil abgekratzt und neue Texte darauf geschrieben wurden – die bekannten Palimpseste (altgriechisch „wiedergeschrieben“).
Das Herstellungsverfahren von Pergament, wie es auch Jan Beckebrede einsetzt, ist seit Jahrhunderten gleich geblieben.
Am Anfang legt er die Haut für mehrere Wochen in eine Lösung aus Kalk und Wasser. Diese stark alkalische Lauge zersetzt die oberste Schicht der Rohhaut, so dass die Entfernung der Haare aus den Haarwurzeln ermöglicht wird, und sie quillt die Fleischreste auf, was das Entfleischen vereinfacht. Durch Wasser wird der Kalk ausgespült; Die gewaschene Haut wird dann auf den Gerberbaum gelegt und mit einem speziellen Messer – dem Streicheisen – vorbereitet, indem die verbleibenden Haaren von der Vorderseite, und die Fett- und Fleischreste von der Rückseite entfernt werden. Es handelt sich um einen heiklen Prozess, weil darauf geachtet werden muss, dass keine Löcher in die Haut geschnitten werden.
Bis zu diesem Punkt ähneln die Vorbereitungen dem Verfahren der Lederherstellung. Es gibt aber Unterschiede. Die verwendete Tierhaut wird nicht gegerbt, sondern „nur“ getrocknet. Die Haut wird nämlich auf dem Spannrahmen – das ist ein großer Rahmen mit drehbaren Knebeln – befestigt. Danach wird gewartet, bis die Haut in zwei bis drei Tagen trocken ist. Da die Haut nicht überall gleich dick ist, trocknet sie unterschiedlich schnell. Deshalb müssen die Knebel immer wieder an einigen Stellen gelockert, an anderen gespannt und gegebenenfalls einige Stellen nachgefeuchtet werden, um eine gleichmäßige Trocknung zu gewährleisten. Nach zwei bis drei Tagen werden die eventuellen verbleibenden Unebenheiten mit einem Werkzeug – dem Lunellum – abgeglättet. Die Haut wird anschließend mit Bimsstein von beiden Seiten geschliffen, aus dem Rahmen geschnitten, und ist fertig zum Benutzen.
Auch wenn die Pergamentmacherei heute ein kritisch gefährdetes Handwerk ist, gibt es doch noch einige Firmen wie das Unternehmen von Jan Beckebrede, die dieses seltene und teure Material nach alten Methoden herstellen. Die Kunden sind hauptsächlich Buchbinder und Restauratoren, aber auch Künstler, Schreiber, Kalligrafen und Heraldiker.
Fotos von Jan Beckebrede