Frieda Dörfer arbeitet seit 2014 als selbständige Schmuckkünstlerin in ihrem Atelier in Pforzheim. Die ursprünglich aus Kiel stammende Dörfer zog nach Pforzheim, dem selbsternannten, aber auch international unbestrittenem Zentrum der Schmuckproduktion. Hier fand Frieda Dörfer das ideale Umfeld, um ihre Schmuckproduktion mit Ketten, Ringen, Ohrringen, Brochen und Armreifen zu perfektionieren.
Ihre Goldschmiedeausbildung wurde noch in Kiel begonnen und dann in Pforzheim weitergeführt. Hier studierte sie Schmuck und Objekte der Alltagskultur an der Hochschule, ein Stipendium im Deutschen Technikmuseum Berlin schloss sich an. Internationale Studienerfahrungen sammelte Frida Dörfer in Kanada und China.
Frieda Dörfer hat sich auf eine seltene Technik spezialisiert: das Guillochieren, das sie als Langzeitprojekt ausführt.
Das Guillochieren (aus dem französischen Guilloche, englisch „engine turning“) ist eine halbmechanische Graviertechnik, die zur Oberflächengestaltung von Schmuckstücken, Uhren oder „Taschengebrauchsartikeln“ verwendet wird. Das Guilloche besticht durch seine regelmäßigen und glänzenden Linienmuster, die man von Zigarettenetuis und Feuerzeugen, Fabergé-Eiern, Zifferblättern und Pillendöschen kennt. Das Guillochieren ist mit Sicherheit eine Herausforderung, da es oft eine Gratwanderung ist, ob das Guilloche dem Werkstück das entscheidende Etwas gibt oder ob es mit der ganzen Ornamentierung „erstickt“.
Die Rundzug-Guillochiermaschine ist eine technische Errungenschaft des 17. Jahrhunderts, die aus einer Kunstdrechselbank für Holz entwickelt wurde. Auf dem gleichen Prinzip wie der Rundzug basiert auch der Geradzug. Bei ihm wird das Werkstück in einer Spannvorrichtung fixiert, die von einer Feder an die seitlich befindliche Patrone gedrückt und mittels einer Handkurbel in eine zusätzliche vertikale Abwärtsbewegung gebracht wird. An der Spannvorrichtung ist ein Patronentouch (Abtaststift) angebracht, der das Profil der Patrone abtastet und dadurch das Werkstück in eine schaukelnde Wellen- oder Zickzackbewegung versetzt. Die Bewegung hängt von dem jeweiligen Muster der Patrone ab.
Zeitgleich wird der auf einem Schlitten (Führungsschiene) laufende Stichel mit dem rechten Daumen an das Werkstück gedrückt. Durch das Drehen der Handkurbel mit der linken Hand wird das Werkstück an dem Stichel entlanggezogen. Wie beim Holzhobeln entsteht jedes Mal ein Span und etwas Material wird abgetragen. Die guillochierte Linie allerdings bekommt durch die zwei hochglanzpolierten Stichelfacetten eine besondere Lichtreflexion. Um die nächste Linie zu schneiden, wird der Stichel versetzt (Transport). Der gleichbleibende Abstand zwischen den Linien und die konstante Eindringtiefe des Stichels in das Edelmetall sind entscheidend für ein regelmäßiges Bild ohne „Schatten“.
Die Arbeitsweise, so empfindet es auch Frieda Dörfer, ist geradezu meditativ. Jede der unzähligen Linien muss mit großer Aufmerksamkeit und höchst konzentriert ausgeführt werden. Es sind immer und immer wieder die gleichen Handgriffe in einer festen Reihenfolge erforderlich.
Das Aufkommen der Einwegfeuerzeuge, -Zigarettenschachteln und -Kugelschreiber in den 1980er Jahren beendete den Boom von guillochierten Produkten und die Technik überlebte nur knapp. Im hochpreisigen Schmuck- und Uhrensegment, sowie in zeitgenössischem Schmuck und Kleinserien feiert das Guilloche allerdings heute ein Revival.
Selbst das komplexeste Guillochemuster hat seinen Ursprung in simplen Wellen-, Faden-, oder Zickzack, die unendlich variiert werden können. Anfang des 19. Jahrhunderts kam ein weiteres Anwendungsgebiet hinzu: Die guillochierten Muster wurden verwendet, um Druckplatten für Wertpapiere fälschungssicher zu machen.
Die erstaunliche Regelmäßigkeit der Ornamente wird zum Einen durch den klar definierten Abstand von einer Linie zur nächsten erreicht und zum anderen durch eine streng eingehaltene Abfolge von Handgriffen, die durch Hebel und Schrauben den Verzug oder Versatz hervorbringen. Die Linien stehen stets entweder konzentrisch zum Mittelpunkt, senkrecht-parallel oder strahlenförmig zum Mittelpunkt eines Kreises zueinander. Freihand könnte man diese symmetrische Perfektion schwerlich gravieren.
Diese und weitere Informationen werden im Atelier von Frieda Dörfer in die Praxis umgesetzt. Ihre Beobachtungen wurden in einem Buch zusammengestellt, das in Zusammenarbeit mit Andreas Gut hergestellt wurde, das vom Arnoldsche Verlag herausgegeben wurde: Prägen, Stanzen, Guillochieren.
Frieda Dörfer ist bis heute fasziniert von der enormen Vielfalt an Möglichkeiten, die sich mit Grundformen wie Zickzack- oder Wellenlinien ergeben. Die Variationsbandbreite der Muster entsteht aus unterschiedlichen Einstellungen und Kombinationen von Linien, die wiederum durch entsprechende Einstellungen immer anders aussehen können.
Der lange Herstellungsprozess macht jedes Stück zu einer Herausforderung. Die Komplexität des Guillochierens ist so groß: Eine falsche Linie, und das ganze Ornament ist ruiniert. Aber Frieda Dörfer weißt, dass hierzu die nötige Konzentration eben aufgebracht werden muss, belohnt wird sie durch nahezu perfekte Stücke, bei denen sie die unendlichen Möglichkeiten des Guillochierens immer wieder ausreizt.
Foto Credits: Atelier Frieda Dörfer